Fußball: Ohne Jugendtraining geht`s einfach nicht

30.05.2021

Mit freundlicher Genehmigung der RHEINPFLAZ und der Agentur VIEW

 

Westricher Rundschau vom 29.05.2021

Ohne Jugendtraining geht’s einfach nicht

Fussball: Nachwuchskicker, die eine Karriere als Profi anstreben, wählen nicht selten den Weg ans Heinrich-Heine-Gymnasium Kaiserslautern. Im dortigen Trainerstab arbeiten auch Ehrenamtler, ohne die es nicht ginge. Einer von ihnen: Erich Berndt aus Blaubach. Sein Sohn Markus steht auf der anderen Seite, ist Lehrertrainer. An die Zeit mit Spielern wie Willi Orban und Jean Zimmer erinnern sie sich noch immer gerne.

Blaubach/Kaiserslautern. Erich Berndt lebt den Fußball auch nach über 50 Jahren noch. Täglich steht er mit „seinen“ Jungs und Mädels auf dem Trainingsplatz bei der TSG Kaiserslautern. Dort trainieren die Schüler des Heinrich-Heine-Gymnasiums (HHG), der Eliteschule des Sports. „Ich mache es, damit ich weiter die Sprache der Kinder, meiner eigenen Enkel, verstehe und bleibe dadurch jung“, sagt Berndt über sein Ehrenamt. Seit zehn Jahren gehören die sechs Einheiten pro Woche für den Blaubacher einfach dazu. „Das hat sich damals so ergeben, weil mein Sohn Markus hier als Lehrertrainer begonnen hat.“ „Für uns als Schule ist es wichtig, dass wir neben unserem hauptamtlichen Personal, auf flexibles ehrenamtliches Personal zurückgreifen können. Das ist für alle im Sport nach wie vor zentral, und man kann nur hoffen, dass das durch Corona nicht dauerhaft schwieriger wird“, erzählt Jan Christmann, der Leiter des HHG-Sportzweigs. Nur durch eine solche Teamleistung seien die vielen Einheiten möglich, weil Leute wie Erich Berndt, Martin Maaß oder Herbert Schwarz ihre Freizeit opfern. Vier von sieben Fußballtrainern unterstützen ehrenamtlich, fünf Trainer haben eine A-Lizenz, die anderen beiden verfügen über den B-Trainerschein. Fußballverrückte FamilieErich Berndt ist in der Jugendarbeit auch im Kuseler Umfeld kein Unbekannter, ist über fünf Jahrzehnte dem Fußball verbunden, war bei der SG Blaubach-Diedelkopf aktiv, trainierte später auch auf dem Betzenberg den Nachwuchs. „Er gehört schon auch ein bisschen zu den Entdeckern von Miroslav Klose“, sagt Christmann über ihn. Ohne Fußball geht es auch bei den restlichen Familienmitgliedern nicht. Sohn Markus (45) ist Lehrertrainer am HHG, seine Enkel besuchen die Schule. Sie gehören zu den 150 Fußballern, die zurzeit am HHG lernen und trainieren. Sie spielen für diverse Klubs der Region, „die wenigsten beim FCK“, so Markus Berndt. Nur etwa 20 kicken in den dortigen Jugendteams. „Nicht alle Talente sind so stark, dass sie auf jeden Fall Profi werden können. Es geht auch darum, dass wir die Vereinsstruktur vor Ort stärken“, erzählt Markus Berndt. Mehr als „nur“ Sportler„Für uns geht es an der Schule nicht immer nur um die sportliche Leistung, sondern auch darum, den Schülern nach dem Leistungssport eine Perspektive zu bieten. Die allerwenigsten schaffen es in den Profibereich. Bei uns muss aber keiner die Schule verlassen, wenn er es nicht mehr im Leistungssportbereich schafft“, ergänzt Christmann. Denn auch in den Amateurligen gebe es interessante Positionen, entweder als Trainer, aber auch in der Organisation von Vereinen. Jeder, der sich vor Ort engagiere, sei wichtig für die Sportvereine, sagt er. Dennoch, wer sich für das HHG entscheidet und angenommen wird, der hofft auf den ganz großen Wurf als Sportler. Paulina Krumbiegel, aktuelle deutsche Nationalspielerin, ging bis zur neunten Klasse auf die Eliteschule des Sports, Kevin Trapp, Willi Orban, Jean Zimmer, Nicklas Shipnoski sind weitere Beispiele jüngerer Vergangenheit … „Für uns ist es zentral, dass die Kinder auch früh etwas zurückgeben und wir auch zu ihrer Persönlichkeitsentwicklung beitragen“, erklärt Markus Berndt das Konzept. Das bedeutet beispielsweise, dass junge Talente bereits selbst erste Qualifikationen in einer Jugendtrainerausbildung erwerben und so eingebunden werden. Christmann und Co. kennen die Auf und Abs, die talentierte Sportler in ihrer Karriere zu überstehen haben, wissen, dass auch Anstrengungsbereitschaft, Frustrationstoleranz und Beharrlichkeit auf dem Weg nach oben unerlässlich sind. „Wir achten deswegen nicht nur darauf, wie talentiert ein Spieler ist, sondern loben auch gerade solche Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft“, erklärt Christmann. Zimmer, Orban und Co.Die Arbeit mit den Kindern habe sich über all die Jahre nur wenig verändert, sagt Erich Berndt. „Geändert haben sich aber die Eltern. In der Schule ist es aber oftmals einfacher als für die Jugendtrainer im Verein. Die haben schnell 100 Trainer drum herum…“ Für ihn ist der Einsatz und die Förderung des Nachwuchses schlicht eine Selbstverständlichkeit. „Ich mag es einfach mit allen zu arbeiten, gerade auch mit den Kindern, die bereit sind, sich anzustrengen, ohne dass sie diesen permanenten Output haben“, erzählt der 72-Jährige. Jungs wie Willi Orban, Nicklas Shipnoski oder Jean Zimmer waren es, die auch mit Schwierigkeiten umgehen mussten und dabei von den Haupt- und Ehrenamtlern begleitet wurden: „Wenn Sie Shipnoski in der Trainingsgruppe im mittleren Jugendalter gesehen hätten, hätten Sie keinen Pfifferling darauf gegeben, dass er da landet, wo er heute ist“, sagt Erich Berndt und muss bei dem Gedanken an den Jungfußballer ein bisschen lächeln. Denn „Shippi“ hat vor wenigen Wochen einen Vertrag bei Fortuna Düsseldorf unterschrieben, wechselt vom Drittligisten 1. FC Saarbrücken an den Rhein. Bangen mit EhemaligenEs sei „natürlich ein Bangen und Hoffen“, wenn sie ihre ehemaligen Spieler im Fernsehen sehen, zu einigen besteht auch weiter Kontakt, wie zum nach Lautern zurückgekehrten Zimmer oder Orban: „Wenn man die beiden angefragt hat, ob Sie mal in einer fünften Klasse vorbeikommen, wenn sie wieder in der Heimat sind, haben Sie das gerne gemacht“, erzählt Markus Berndt von Ehemaligen-Besuchen in den heutigen Fußballklassen. „Wir hätten uns daher auch sehr gewünscht, dass Willi den Pokal nach oben streckt …“ Seine Mannschaft RB Leipzig unterlag im DFB-Pokalfinale am Ende Dortmund. „Er war schon damals ein wirklicher Anführer, aber nicht in dem Sinne, dass er das mit reiner Lautstärke gemacht hätte, sondern, dass er sich in den Klassen auch für andere eingesetzt hat.“ Einer von vielen starken Spielern und „netten Jungs“, die am HHG nicht nur sportlich, sondern auch für ihre Persönlichkeitsentwicklung etwas mitgenommen haben. So wie es sich Christmann und sein Team wünschen.

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