Radsport: Nach 3489 Kilometer beendet Niklas Märkl seine erste Teilnahme am Giro d’Italia

 

 

Radsport: Nach 3489 Kilometern beendet Niklas Märkl seine erste Teilnahme am Giro d’Italia − Als Profi für das Team DSM hat er viel zu erzählen

Queidersbach. Damit hatte er nicht gerechnet: Nach seiner Rückkehr vom Giro d’Italia genoss Niklas Märkl nach vielen Strapazen den Empfang in der Heimat.Was für einen Empfang für den Giro-Debütanten Niklas Märkl daheim in Queidersbach. Vier Wochen schon hatte er nicht mehr in seinem eigenen Bett geschlafen, tourte bei teils widrigen Wetterverhältnissen durch Italien, kämpfte gegen den Ausstieg und dann am Pfingstmontag: Emotionen pur. Familie, Fans und Freunde ließen ihn am Nachmittag hochleben, als er vom Flughafen angerauscht kam – Konfettiregen, Jubel, Beifall und ein riesengroßes Banner, das Edelfan Jockel Faulhaber mal wieder aus dem Hut zauberte, warteten auf ihn. Erinnerungen wurden wach an die Zeiten, als Tourheld Udo Bölts, einer der Mentoren Märkls, einst in Heltersberg empfangen wurde. „Das hat mich überrascht, das hätte ich nicht erwartet“, gestand der 24-jährige Radprofi des Teams DSM überwältigt. Er hatte verdammt viel zu erzählen. Aber er war auch sehr, sehr müde. Die nackten Zahlen: Auf den 3489 Kilometern mussten die 125 Fahrer, die das Ziel in Rom erreichten, 51.400 Höhenmeter bewältigen. Märkl belegte Platz 104, der Rückstand auf Sieger Primoz Roglic in Stunden spielt keine Rolle, auch nicht seine besten (17. und 21.) und schwächsten (150. und 146.) Etappenplatzierungen, weil sich darin nicht seine Aufgabe und seine Leistung abbildet. Er hatte für seine Mannschaft DSM zu fahren, die jüngste am Start und gleich mit drei Grand-Tour-Debütanten besetzt. „Generell bin ich mit meiner Leistung ganz zufrieden. Ich bin gut reingekommen, habe mich von Tag zu Tag gesteigert und war echt zufrieden mit meiner Form“, sagte Märkl, der stolz auf seine Leistungen in den Leadouts war, also mit der Performance im sogenannten Sprintzug kurz vor den Etappenzielen. „Ich war da immer präsent, ich glaube, das hat man auch gesehen, wir haben die Leadouts auf gutem Niveau erledigt“, bilanzierte Märkl einen Teil seines Jobs. Auf der 17. Etappe führte er mit anderen Helfern seinen Teamkollegen Alberto Dainese in Caorle zum Etappensieg. Das war einer der DSM-Höhepunkte, der andere war die Verteidigung des Leadertrikots des Norwegers Andreas Leknessund. „Vier, fünf Tage verteidigten wir das Trikot, das hätte keiner gedacht. Das ist ein tolles Gefühl, eines, das man nicht alle Tage hat, mit dem Leader unterwegs sein und ihn zu beschützen“, sagte Märkl. Leknessund hatte das Trikot in Pink auf der vierten Etappe errungen und es erst beim Zeitfahren auf der neunten Etappe verloren. Nie vergessen wird Märkl das Wetter. Er wusste schon vor dem Start von Pascal Ackermann, dass man mit viel Regen rechnen muss, „aber dass es so schlecht kommt, hey, das war speziell. Wir hatten an 16 oder 17 Tagen Regen, an manchen sogar extreme Nässe und Kälte. Aber wenn ich ehrlich bin, war das für mich ein kleiner Vorteil, denn ich kam damit eigentlich sehr gut klar“. Viele Rennfahrer indes wurden krank, holten sich eine Erkältung oder sogar das Coronavirus, über 50 stiegen aus. Auch für Niklas Märkl wurde es in der dritten Woche nach dem zweiten Ruhetag eng. „Es gab da einige schwierige Momente für mich. Ich hab’s in den Magen bekommen, konnte nicht mehr essen, auf dem Rad nicht und auch so nicht. Alles ist rausgekommen, was rein ging, da hat man dann keine Energie mehr, es waren vier harte Tage“, beschrieb er seine Leidenszeit: „Es ist aber krass und bemerkenswert, wie weit man seinen Körper bringen kann, um immer weiter zu machen und solche Momente durchzustehen“. Geholfen hat ihm dabei auch die Anteilnahme von Familie und Freunde während des Giro. Klaus Wolf und seine Freundin besuchten ihn in der ersten Woche, Mama Annette und Papa Andreas sowie Onkel Dirk, Tante Tanja und Cousin Luis in der zweiten und dann auch noch in Rom Patenonkel Patrick Märkl sowie Jonathan Becker. „Wenn man drei Wochen on the road ist, hilft so etwas und ist einfach schön, das gibt Aufwind und hilft, sich durchzubeißen“, sagte der Queidersbacher. Für viele daheim an den Bildschirmen gab es dann noch einen ganz besonders emotionalen Moment, der neben der Leistung auf der Straße eine zweite Seite des Radsportlers Niklas Märkl beschreibt, die Seite mit Herz. „Pascal Ackermann war gestürzt und richtig hart in die Bande eingetaucht. Ich hatte für Alberto Dainese den Sprint angezogen und war schon raus aus dem Geschehen, und dann lag Pascal plötzlich da. Ich hatte sofort angehalten und geguckt, ob er okay ist und ob ich helfen kann“, schilderte Märkl seine letzten Minuten des Giro. „Es ist Anstandssache anzuhalten. Pascal und ich verstehen uns sehr gut“, sagte der eine Pfälzer über den anderen. So kam es, dass die beiden und Ackermanns Teamgefährte Ryan Gibbons gemeinsam über die Ziellinie in Rom rollten, zwei Minuten hinter dem Etappensieger Mark Cavendish. Aber sei’s drum, darauf kam es nicht mehr an. Während Ackermann blutend und mit zerrissenem Trikot schmerzhaft, aber auch mit einem Etappensieg seinen zweiten Giro d’Italia beendete, brachte Niklas Märkl von seinem ersten eine Menge Motivation und Moral für kommende Aufgaben mit nach Queidersbach.

 

Mit freundlicher Genehmigung der RHEINPFALZ und von Klaus Kullmann

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