Radsport: Im Kopf einen Schritt nach vorne

Im Kopf einen Schritt nach vorne

 

Radsport: Seit Montag fährt Niklas Märkl seine zweite große Radrundfahrt in diesem Jahr. Der Queidersbacher wird einmal mehr in die Helferrolle schlüpfen, aber er sieht seine Zeit kommen. Er fühlt sich so stark wie noch nie.

 

QUEIDERSBACH. „Ich habe über den Winter in der Herangehensweise an meinen Job einen großen Schritt nach vorne gemacht, fühle mich körperlich sehr fit“, sagte Märkl, der am 3. März 24 Jahre alt wird, vor dem Abflug nach Abu Dhabi, wo er UAE-Tour fährt. Nach fünf Jahren beim Team DSM, das früher Sunweb hieß, davon drei im Nachwuchsteam, ist er offenbar zu sich gekommen. „Mir ist in jungen Jahren relativ viel einfach so zugefallen, ich hatte viel Talent und war deshalb gut“, bekennt der Junioren-Vizeweltmeister von 2016, „ich habe zwar gearbeitet, aber nie akribisch und professionell.“ Fünf Jahre habe es gedauert, bis er den Schalter umlegen konnte: „World Tour war mein Kindheitstraum, da bin ich jetzt, habe aber erst im Winter realisiert, dass das Ankommen in der World Tour allein nicht das Ende sein kann. Es geht auch um Erfolge und um Siege.“ Er blickt da voller Achtung auf den ein Jahr jüngeren Marius Mayrhofer, der als Junior schon mit Märkl im pfälzischen Team Wipotec fuhr, 2017 in Linden deutscher Meister wurde, jetzt auch bei DSM radelt und im Januar das Cadel Evans Great Ocean Race in Australien gewann. „Höchster Respekt vor Marius, bei dem es Klick machte. Aber in diese Richtung sehe ich mich auch hinbewegen“, sagte Märkl. In die Saison ist er wunschgemäß eingestiegen, auch weil im Mannschaftsgefüge sehr vieles sehr gut passt. „Das Team ist top eingestellt. Es ist jünger geworden und mehr zusammengerückt, die Teambildung im Trainingslager im südspanischen Calpe trägt Früchte. Wenn wir auf dieser Welle weiter schwimmen, wird das ganz gut“, sagte Märkl, der vor genau vier Wochen passable Ergebnisse bei der Sieben-Etappen-Rundfahrt in San Juan in Argentinien ablieferte. Auf einer Etappe belegte er im Sprint den fünften Platz hinter Cracks wie Fernando Gaviria, Peter Sagan und Filippo Ganna. „Ich habe mir Argentinien anders vorgestellt. Es ist ein armes Land, ich war überrascht zu sehen, wie weit sie vom europäischen Standard weg sind“, offenbarte Märkl auch seinen Blick weg vom Sport, hin in die gesellschaftlichen Verhältnisse eines Landes: „Aber die Argentinier sind sportbegeistert hoch Zehn, da war gefühlt die ganze Stadt zum Gucken unterwegs.“ Bei der meist flachen UAE-Tour, die aber zwei Bergankünfte ausweist und die am Sonntag endet, sieht er einen Sprint Royal nach dem anderen kommen. Es ist nicht unbedingt das, was er für Erfolge braucht, denn er hat es lieber hügelig und noch mal einen Anstieg im Finale. „Ganz flach habe ich keine Chance, so werde ich wohl für meinen Sprinter Sam Welsford arbeiten“, erklärte er. Sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen, befriedigt ihn: „Wenn du einen guten Job gemacht hast und dein Sprinter gewinnt, dann ist das eine echte Genugtuung. Klar, draußen sieht man oft nicht die Leistung des Teams, da zählt immer nur der Sieger.“ Wenn Märkl zurückkommt, geht es gleich nach Belgien weiter. Nach seinem Geburtstag fährt er zwei Grand Prix. „Mein Herz hängt an den flämischen Klassikern mit den vielen Wellen, da fühle ich mich wohl“, gestand er und nannte die Flandern-Rundfahrt im vergangenen Jahr und die Woche davor mit der einzigartigen Atmosphäre als einen der Höhepunkte in seiner Karriere. Ein nächster soll eine Grand Tour werden. „Wenn ich es aussuchen dürfte, würde ich die Tour de France nennen, denn die Tour ist die Tour. Aber im Endeffekt nehme ich die, die kommt, also auch Giro oder Vuelta. Eine wird’s bestimmt“, versicherte Märkl. Im Wohn- und Esszimmer der Märkls in Queidersbach stand während des Gesprächs sein Hightech-Rennrad. „Ich finde es krass, welchen Einfluss das Material auf die Performance nimmt“, sinnierte er, „auch wenn es immer noch ein Fahrrad mit Lenker und Kurbel ist. Aber die Details, Wahnsinn, wie die durchgeplant sind.“ Dennoch: Noch immer ist es der Mensch, sein Kopf und seine Beine, die denken, fühlen und treten. Niklas Märkl hat die klaren Hierarchien im Peloton und im Team erkannt und verinnerlicht, wie auch das Gefühl, nicht zufrieden mit der Karriere zu sein, wenn er jetzt aufhören müsste. „Der Berg ist noch nicht erklommen“, machte er eine Kampfansage.

 

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