Bericht von Anna-Lena Hakenes (11h)
In diesem Sommer habe ich einige Wochen in einer südafrikanischen Schule („La Rochelle GHS“ in Paarl in der Nähe von Kapstadt) verbracht. Dort besuchte ich meine Austauschschülerin Mari, die bei meiner Familie und mir im letzten Dezember/Januar zu Gast war und mit mir aufs HHG gegangen ist. Ich habe in Südafrika am Wochenende mit Mari bei ihrer Familie gelebt, in der ich mich sehr wohl und herzlich aufgenommen gefühlt habe. Während der Woche haben wir gemeinsam im Internat gelebt, was für mich zuerst eine große Umstellung war. Internate sind in Südafrika sehr verbreitet, da ganz viele, auch junge, Menschen weit ab von großen Orten oder sogar der nächsten Zivilisation wohnen. Es war eine sehr aufregende Zeit, da ich so einige Unterschiede zu unseren deutschen Schulen festgestellt habe.
Jeden Montagmorgen gab es die sogenannte „Assembly“. Dabei versammeln sich alle Schülerinnen (es war eine reine Mädchenschule) in einer Art Aula und es wird gemeinsam die Woche begonnen. Reine Mädchen- bzw. Jungenschulen sind in Südafrika übrigens viel häufiger als hier in Deutschland. Während der „Assembly“ werden Errungenschaften und erfolgreiche Wettbewerbe der zahlreichen Schulteams (von Hockey bis Theater alles dabei) verkündet, sowie die Nationalhymne und das Schullied gesungen.
In allen Schulen Südafrikas tragen die Schülerinnen und Schüler eine Schuluniform, so auch an meiner Schule. Für das einheitliche Erscheinungsbild wird nicht nur die Kleidung vorgeschrieben, sondern der ganze Look. Kein Schmuck, nur ganz kleine goldene oder silberne Ohrringe, die Haare zusammen gebunden mit einem dunkelblauen Haargummi, kein Nagellack, kein Make-Up. Das war äußert ungewohnt und zuerst ein wenig befremdlich für mich. Im Nachhinein kann ich sagen, dass das den Schülerinnen, so auch mir, nach einiger Zeit einfach nicht mehr auffällt und man sich darauf einstellt.
Der Unterricht ist in einen 9-Tages-Zyklus eingeteilt, nicht wie bei uns in einen Wochenzyklus. Eine komplett andere Unterrichtsform wird dabei verwendet. Viel häufiger erzählt der Lehrer etwas und die Schülerinnen schreiben die ganze Zeit nur mit. Es findet kaum aktive Mitarbeit der Schülerinnen (dort „Learners“ genannt) im Unterricht statt. Allerdings gibt es im südafrikanischen Schulsystem auch keine mündlichen Noten. Die Zeugnisnoten setzten sich rein aus den schriftlichen Arbeiten zusammen.
Der Unterricht meiner Austauschschülerin (den ich gemeinsam mit ihr besuchte) war halb Englisch, halb Afrikaans, was auch ihre Muttersprache ist. Es gibt auch Schülerinnen, die den größten Teil ihres Unterrichts auf Afrikaans oder auf Englisch haben, je nachdem, für welche Form sie sich entscheiden. Die Unterrichtsstunden auf Afrikaans waren zunächst interessant anzuhören, wurden aber mit der Zeit ein bisschen anstrengend, da ich nichts verstanden habe. Es war auch eine faszinierte Angelegenheit zu sehen, wie die Lehrerinnen und Lehrer und auch die Schülerinnen zwischen den Sprachen hin und her wechseln.
Während der Mittagspause wird dann im „Hostel“ gegessen. Hierbei dürfen die sogenannten „Matrics“ (vergleichbar mit unseren Abiturientinnen und Abiturienten) zuerst essen, anschließend der Jahrgang darunter und immer so weiter. Generell haben die Matrics viele Rechte und Privilegien, besonders gegenüber den Acht-Klässlerinnen, den dortigen jüngsten Schülerinnen auf der High School. Nachmittags wird während der „Studytime“ gelernt und die Hausaufgaben werden gemacht. Die jüngeren Schülerinnen müssen alle zusammen in einen großen Raum und die älteren Jahrgangsstufen dürfen auf ihren Zimmern arbeiten. Die Uhrzeiten sind festgelegt und die Zimmer werden kontrolliert, alle müssen am Schreibtisch sitzen. Handys und auch Musik hören sind während der Studytime verboten.
Eines meiner persönlichen Highlights waren die “Interschools“. Dabei treten die Schulteams zweier Schulen gegeneinander in einer Sportart an. Besonders die Rugbyspiele der Jungen sind riesige Events und selbst ehemalige Schüler aus dem ganzen Land reisen dafür an. Die ganze Stadt ist in den Farben der beiden Teams beflaggt. Ganz viele Schülerinnen und Schüler aus der gesamten Stadt, auch aus den nicht direkt beteiligten Schulen, gehen in ihrer Schulkleidung zu den großen Rugbyspielen, wie auch ich mit meinen Mitschülerinnen.
Am Ende des Hauptspiels (Spiel der ersten Schulmannschaft) wird der Platz gestürmt und lange der Gewinner gefeiert.
An den Wochenenden habe ich mit meiner Gastfamilie einige Ausflüge gemacht, so auch in das nur eine Stunde entfernte Kapstadt. Leider war das Wetter nicht immer schön, da in Südafrika während unseres Sommers Winter ist. An den meisten Tagen war es dadurch relativ kalt und ungemütlich, was besonders in der Schule und im Internat eine Herausforderung bedeutete. Bei Temperaturen um die 5 Grad in der Nacht und ca. 15 Grad tagsüber wird es ohne Heizung ziemlich kühl. Am Wochenende hat im Haus meiner Gastfamilie ein Feuer als Wärmequelle gedient, an welches wir uns gesetzt haben, wenn es mal besonders kalt wurde. Im Internat hat nachts oft eine Wärmflasche geholfen.
Meine Eltern waren zeitweise auch bei meiner Gastfamilie und wir haben gemeinsam mit Freunden der Familie Deutschland bei der EM angefeuert. Leider hat es nur bedingt zum Erfolg geführt.
Ich kann als Fazit sagen, dass es eine wunderbare und unvergessliche Zeit war. Ich habe die schönen Seiten Südafrikas kennengelernt, wurde herzlich von einer mir bis dahin fremden Familie aufgenommen und aus einem Schüleraustausch ist eine Freundschaft von zwei kompletten Familien geworden. Aber die Zeit hat mir auch gezeigt, wie gut es uns in Deutschland geht. Ohne extreme Armut in unserem Land, mit Heizungen zuhause und in der Schule und einem abwechslungsreicheren Schulunterricht. Auch wenn ich vom Unterricht der Schule nicht so begeistert war, war ich es umso mehr vom starken Zusammenhalt unter den Schülerinnen. Das war eine sehr tolle Gemeinschaft, die unter anderem durch die vielen gemeinsamen Aktivitäten und auch die einheitliche Schuluniformen gefördert wird. Ich durfte für einige Wochen Teil dieser Gemeinschaft sein und das war wunderbar.